Das ENSO-Phänomen

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ENSO-Lexikon

Küstenwüste

Durch extreme Trockenheit geprägtes Gebiet an den subtropischen Westseiten mancher Kontinente. Zu den markantesten Beispielen dieses Wüstentyps gehören etwa die Atacama nahe der pazifischen Küste von Südamerika oder die an der südwestlichen Küste Afrikas gelegene Namib. In Südamerika erstreckt sich dieser hyperaride Trockengürtel über fast 3.500 km (nach Blümel 3.700 km) und ist nur gelegentlich durch Flusstäler aus den Anden unterbrochen.

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Bromeliaceen der Gattung Tillandsia

Tillandsien gedeihen in der Nebelstufe von peruanischen Vorbergen ohne Wurzeln girlandenartig am Boden. Sie wachsen nach Westen gegen die anströmenden Nebel, die sie über die Blätter mit Wasser versorgen (>300 m NN, Cerros Matabuey bei Lima/Peru). Die unteren Lagen der Vorberge sind vegetationslos.

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Küstenregion von Pachcamac bei Lima/Peru

An der pazifischen Küste ist die Wüste fast pflanzenfrei, nur im Kontakt mit kleinen Flüssen sind Bewässerungskulturen möglich.Quelle: Seibert, Paul (1996): Farbatlas Südamerika, Verlag Eugen Ulmer, Stuttgart

 

Die trockenen Bedingungen der küstennahen Bereiche sind eine Folge der subtropischen Hochdruckgebiete und des Auftretens von kaltem Wasser vor dem Festland. Hierbei kann es sich um Meeresströmungen handeln, die aus Gebieten hoher geographischer Breite in Richtung Äquator fließen. Eine andere Erscheinung mit ähnlichen klimatischen Konsequenzen ist kaltes Auftriebswasser, das aufgrund der Verlagerung des Oberflächenwassers durch küstenparallele oder ablandige Winde nach oben gelangt.
Durch Abkühlung der unteren Luftschichten wird eine thermisch stabile Schichtung innerhalb der Luftmassen erreicht, wodurch der vertikale Austausch unterbunden wird. Durch fehlende Konvektion unterbleibt auch die Bildung von Konvektionswolken, die den küstennahen Gebieten Niederschlag bringen könnten. Vorhandene Feuchtigkeit kondensiert überwiegend zu Nebel; solche Nebeldecken bleiben tagsüber als Hochnebel meist über dem Meer, nachts können sie in Bodennähe einige Zehner Kilometer weit ins Landesinnere ziehen. Mit der Morgensonne löst sich der Nebel rasch auf. Die Aufheizung über dem Festland führt zu rascher Verdunstung der Nebelnässe an der Bodenoberfläche. Bei über mehrere Monate bestehenden optimalen Bedingungen für die Nebelbildung entstehen Nebelwüsten.

Die peruanisch-chilenische Küstenwüste

An der Westabdachung der Anden verläuft am Westrand Südamerikas eine Wüstenzone von Süd-Ecuador (ca. 5° S), weiter entlang der peruanischen Küste bis über 25° S zur Grenze des mittelchilenischen Winterregengebiets. Sie bildet einen schmalen Streifen, der die Küstenebene und die angrenzende Küstenkordillere bis etwa 2.000 m NN umfasst, und hat unmittelbar Anschluss an die Hochgebirgssteppen (Puna), -halbwüsten und -wüsten der Anden in Peru, Bolivien und Argentinien.

Im Norden Perus heißt der Wüstenbereich Sechura und umfasst einen 100 - 150 km breiten Streifen der Küstenebene. Ab Chiclayo südwärts (ca. 7° S) gilt die Bezeichnung Atacama, wie auch im anschließenden Chile.

Das Alter der Küstenwüste ist umstritten; wahrscheinlich datiert ihre Entstehung in das mittlere Miozän (13 - 15 Mio. Jahre BP), als der Humboldtstrom bereits vorhanden war und die Anden etwa die Hälfte ihrer gegenwärtigen Höhe erreicht hatten. Für das vollaride Klima sind jedenfalls beide Faktoren verantwortlich: Die Wüste liegt im Regenschatten der Anden (bei dem vorherrschenden NO-Passat) und die niedrige Wassertemperatur verhindert die Entstehung feuchter regenbringender Luftmassen.

Peruanische Täler im Nebel

Peruanische Täler im Nebel

Marine Stratocumulus-Wolken, die sich häufig vor der Küste Perus bilden, ziehen gelegentlich ins Landesinnere und füllen die Täler mit einem dichten Nebel.

Im Juli 2015 nahm Landsat 8 diesen Blick auf die wolkengefüllten Schluchten auf, durch die die Flüsse Yauca und Acarí in den Pazifischen Ozean münden.

Hier zu vertiefenden Erläuterungen

Quelle: NASA Earth Observatory

Südlich vom 8. Breitenkreis kennzeichnen die Garua-Nebel die Wüste mit ihrer Obergrenze bei 500-700 m. Bis zu 30/40 km dringt der Nebel in Taleinschnitten ins Hinterland ein. An den Berghängen des Nebelstockwerks findet sich die zugehörige Loma-Vegetation, bedingt durch den Garua-Nebel. Er benetzt den Boden und durchfeuchtet ihn 1-2 cm tief, was regional für die Bildung einer nahezu geschlossenen Pflanzendecke ausreicht. Vor allem die Winter sind neblig und kühl-feucht, wohingegen die nördlichen Kordilleren ein ausgeprägtes Tageszeitenklima mit trockenem, wolkenlosem Himmel aufweisen. Im Sommer (November bis April) verdrängt die Erwärmung der Küstenebene die Garuas durch das temperaturbedingte Ausbleiben der Kondensation.

In Peru beschränkt sich die extreme Wüste auf einen schmalen Küstenstreifen (Einfluss des Garua-Nebels) und die Fußzone der Anden-Westabdachung (niederschlagslose Binnenwüste). Mit zunehmender Höhe steigen die monsunalen Niederschläge, die über die Kordilleren hinweg auch die Westhänge erreichen.

Der Garua-Nebel (in Chile: Camanchaca) ist die Grundlage für die untere Vegetationsstufe, in der hauptsächlich Tillandsien wachsen. Tillandsien versorgen sich über die durch Nebel oder Tau benetzten Blätter, die sogenannte Saugschuppen besitzen. Der Garua-Nebel reicht in der Küstenkordillere bis ca. 1.000 m ü. NN. Mit der Höhe nimmt zunächst die Übersättigung mit verstärkter Tröpfchenbildung zu, ab 700 m NN schwächt sie sich wieder ab. Vor allem in den Südwintermonaten Juli und August mildert die Nebelwirkung den Wüstencharakter. Weiter hangaufwärts schließt sich die eigentliche Loma-Vegetation an, da mit der Höhe die Kondensation stärker wird und die Nebelfeuchtigkeit regelrecht von den Pflanzen ausgekämmt wird.

Außer der Loma gibt es kontrahierte Vegetation entlang von allochthonen Flüssen, die ihr Einzugsgebiet in den vergletscherten Hochanden haben. Sie setzt sich aus verschiedenen Acacia- und Prosopis-Arten zusammen und ist heute weitgehend in landwirtschaftliche Kulturflächen umgewandelt (Flussoasen, s. Abb. unten).

In Chile greift die Wüste weit ins Landesinnere bis in den andinen Gebirgskomplex hinein. Der längste Abschnitt dieser Küstenzone, die Atacama, wird zwar unter genetischen Gesichtspunkten als Küstenwüste eingeordnet, ist in ihrem Wesen und internen Gliederung aber deutlich komplexer (vgl. Blümel 2013).

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Flussoase im küstennahen Nordchile mit starkem Kontrast zwischen landwirtschaftlicher Nutzung und Wüste (Putre - Arica)

Quelle: Seibert, Paul (1996): Farbatlas Südamerika, Verlag Eugen Ulmer, Stuttgart

 

 

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Aride Küstenwüste in Peru

Details des Fotos zeigen tief eingeschnittene Canyons an der Südküste Perus zwischen 15,5° und 17° S. Die Flüsse Yauca und Acarí nähren kleine bräunliche Sedimentfahnen im Meer. Kleine dunkelgrüne Felder drängen sich an ihren Unterläufen. Starke Südwinde ließen Sanddünen entstehen. Küstenparallele gelbliche Linien markieren tektonisch gehobene Küstenverläufe.

Die Aufnahme wurde mit dem 180 mm-Objektiv einer Digitalkamera am 14.3.2003 von der ISS-Besatzung gemacht. Zu ausführlicheren Erläuterungen (engl.) hier klicken.

Quelle: NASA Earth Observatory

Der pazifische Küstenstreifen Südamerikas von 5°S bis 24°S zählt zum Klimatyp BWhn der köppenschen Klassifikation (B=Trockenklima, W=Wüstenklima, h=heiß, Jahresmittel über 18°C, n=häufig Nebel).

Siehe im Didaktik-Teil: "Die Entstehung von Küstenwüsten und ihre Anfälligkeit auf Störungen. - Eine Lernaufgabe zum Thema 'El Niño'"

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