Das ENSO-Phänomen

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ENSO-Lexikon

Kohlenstoffkreislauf

Gesamtheit aller Prozesse, durch die Kohlenstoff und seine chemischen Verbindungen in der Geosphäre umgesetzt werden. Die Bedeutung des Kohlenstoffs gründet sich darauf, daß er Bestandteil aller organischen Verbindungen ist. Somit stellt der Kohlenstoffkreislauf einen der wichtigsten Kreisläufe des Lebens dar. In der Atmosphäre befinden sich die Kohlenstoffvorräte in gasförmigem Zustand. In der Hydrosphäre kommt Kohlenstoff in gelöstem Zustand vor, in anorganischen und organischen Verbindungen. Fest gebunden ist der Kohlenstoff in der Pedosphäre (Humus, Biomasse) und in der Lithosphäre (Kohle, Erdgas, Erdöl, Karbonatgesteine).

Das natürliche Gleichgewicht des atmosphärischen Kohlenstoffkreislaufs wird insbesondere durch die ansteigenden CO2-Emissionen als Folge des zunehmenden Verbrauchs fossiler Brennstoffe gestört. Es sind jährlich über 8 Milliarden Tonnen Kohlenstoff (Gt C) die in Form von CO2 in die Atmosphäre emittiert werden.

Die Rodung der Tropenwälder sowie die Verbrennung von Biomasse führt zu einem zusätzlichen indirekten Anstieg des atmosphärischen CO2, da diese Pflanzen nicht mehr an der Photosynthese teilnehmen. Obwohl ein Großteil dieser CO2-Menge wieder in den Ozeanen aufgenommen wird, steigt der Kohlenstoffgehalt (in Form von CO2) in der Atmosphäre an.

Die kumulativen Emissionen seit Beginn der industriellen Revolution haben zu einem Anstieg der atmosphärischen CO2-Konzentration geführt, die einen zusätzlichen anthropogenen Treibhauseffekt zur Folge hat. Von den drei auf der Zeitskala von Jahrhunderten austauschenden Kohlenstoffreservoiren Atmosphäre, terrestrische Biosphäre und Ozean ist der Ozean bei weitem das größte. Das CO2-System des Meerwassers umfasst die chemischen Spezies HCO3-, CO32-, und CO2(aq). Daraus resultiert die pH-puffernde Eigenschaft des Meerwassers sowie seine hohe Aufnahmekapazität für anthropogenes CO2. Mit Hilfe von vier chemischen Messgrößen kann das marine CO2-System analytisch sehr präzise beschrieben werden. Diese Messgrößen dienen als sensitive “Sensoren” für physikalische, chemische und biologische Vorgänge im Meer.

Im marinen Kohlenstoffkreislauf sind größere natürliche Prozesse aktiv, die Kohlenstoff mit der Atmosphäre austauschen und im Innern der Ozeans umverteilen. Diese Prozesse werden auch als “Pumpen” bezeichnet und sowohl durch physikalische als auch biologische Faktoren angetrieben. Während die “physikalische Pumpe” unmittelbar durch die Aufnahme von anthropogenem CO2 aus der Atmosphäre verstärkt wird, ist dieses für die beiden “biologischen Pumpen” bisher ungeklärt. Eine Vielzahl von potenziellen Konsequenzen des globalen Wandels (Temperaturanstieg, marine CO2-Aufnahme, Ozeanversauerung) auf marine Ökosysteme sind identifiziert worden. Diese werden gegenwärtig intensiv hinsichtlich ihrer Klimasensitivität sowie ihres Rückkopplungspotenzials auf das Klima untersucht. Es ist jedoch kaum vorstellbar, dass die “biologischen Pumpen” sich unter dem Einfluss des globalen Wandels nicht verändern werden.

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Kohlenstoff-Karussell

Immer wieder bewegt sich der Kohlenstoff auf unserem Planeten im Kreis. Gleichzeitig bringt Kohlenstoff im übertragenen Sinne die Welt in Schwung. Das Element ist der Baustein des Lebens auf der Erde und hat als Kohlendioxid-Gas in der Atmosphäre einen starken Einfluss auf das Klima des Planeten. Dabei wandert der Kohlenstoff auch durch Flüsse, Ozeane und die Dämmerungszone des Meeres. Der Mensch hat in den Kohlenstoffkreislauf eingegriffen und den Kohlenstoff relativ schnell von den langsamen in die aktiven Pools verlagert, indem er große Mengen an Kohlenwasserstoffen aus der Erde entnommen und als Brennstoff verbrannt hat, wodurch ein Überschuss an wärmespeicherndem Kohlenstoffdioxid in die Atmosphäre gelangte. (Illustration von Jack Cook, Woods Hole Oceanographic Institution)

Quelle: WHOI

Zur Quantifizierung der terrestrischen Kohlenstoffquellen und -senken (z. B. CO2, CH4) ist der Aufbau eines Expertensystems zur Erstellung der jährlichen Bilanz der Kohlenstoffflüsse notwendig (Kyoto-Protokoll). Ein solches Expertensystem wird im Augenblick am Potsdam Institut für Klimafolgenforschung (PIK) in Zusammenarbeit mit dem Max-Planck-Institut für Meteorologie (MPI-M, HH) entwickelt und wird im Rahmen einer Kooperation mit dem DFD in den nächsten Jahren getestet. Ziel dieser Kooperation ist die Bilanzierung des terrestrischen Kohlenstoff-Haushalts unter Verwendung von satellitengestützen Fernerkundungsinformationen und deren Assimilation in gekoppelte dynamische Vegetations- und Atmosphärenmodelle.

Die aus dem Expertensystem abgeleiteten Daten sind unter anderem die Nettoprimärproduktion (NPP) der terrestrischen Vegetation oder die Nettoökosystemproduktion (NEP), aber auch die Abgabe von Methan in die Atmosphäre. Die Integration von Daten aus Emissionskatastern über kohlenstoffhaltige Substanzen (z.B. Methan) von landwirtschaftlichen Flächen oder aus der Viehhaltung in die Atmosphäre stellt eine weitere Herausforderung für die Zukunft dar, um eine realistische Kohlenstoffbilanz zu erzeugen.

Aufgrund der hohen räumlichen und zeitlichen Variabilität der terrestrischen Photosynthese, der mikrobiellen Aktivität von Bodenorganismen und der meteorologischen Parameter ist es notwendig, die in das Expertensystem eingehenden Daten flächenhaft mit ausreichend hoher räumlicher und zeitlicher Auflösung zu erfassen. Hierfür geeignet sind Fernerkundungsdaten von polar umlaufenden Satelliten mit einer Wiederholrate von einigen Tagen (Landsat, IRS, SPOT). Daneben sollen auch die Daten geostationärer Satelliten wie z.B. "Meteosat Second / Third Generation (MSG / MTG)" genutzt werden.

Die jährliche Variabilität der weltweiten Kohlenstoffkonzentration in der Atmosphäre wird vom ENSO-Zyklus gesteuert. Der äquatoriale Pazifik ist die größte natürliche Quelle für ozeanischen Kohlenstoff, der in die Atmosphäre gelangt, wobei er ca. 1 Mrd. Tonnen Kohlenstoff als CO2 pro Jahr ausgast. Dieser Kohlenstoff entstammt dem äquatorialen Auftrieb (upwelling), ein Vorgang bei dem Wasser, das reich an anorganischem Kohlenstoff ist, aus den Tiefen an die Oberfläche gelangt. Während El Niño-Ereignissen wird das äquatoriale Upwelling im östlichen und zentralen Pazifik unterdrückt, wobei die Zufuhr von CO2 an die Oberfläche deutlich reduziert wird. Als Ergebnis wird in der Anfangsphase eines El Niño die weltweite Zunahme an atmosphärischem CO2, die vor allem anthropogen zu erklären ist, in ihrem Ausmaß verringert. Allerdings steigen während der späteren Phase eines El Niño die globalen CO2-Konzentrationen stark an, was der verspäteten Reaktion der terrestrischen Biosphäre auf die El Niño-bedingten Änderungen der Witterungsmuster geschuldet ist. Verbreitete Trockenheit und erhöhte Temperaturen in den Tropen tragen zu häufigeren und intensiveren Waldbränden bei und damit zu einer Veränderung des Gleichgewichts zwischen Atmung und photosynthetischer CO2-Aufnahme von Landpflanzen. Diese Prozesse, die besonders ausgeprägt waren während der starken El Niño-Ereignisse von 1982–1983 und 1997–1998, führen zu einer anomalen CO2-Zufuhr in die Atmosphäre, und dies in einer Menge, die die reduzierte Ausgasung des äquatorialen Upwelling übertrifft.

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