Das ENSO-Phänomen

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ENSO-Lexikon

Indischer Ozean Dipol (IOD)

Engl. Indian Ocean Dipole, dt. auch Indisch-Ozeanischer Dipol; eine unregelmäßig auftretende Oszillation der Meeresoberflächentemperaturen (SST-Anomalie) zwischen zwei Gebieten (oder Polen, daher Dipol) - und zwar am äquatorialen Ost- und Westende des Indischen Ozeans (Indik). Der IOD ist ein gekoppeltes Ozean-Atmosphären-Phänomen.

Es werden 'positive', 'neutrale' und 'negative' Phasen unterschieden. Eine positive Phase ist gekennzeichnet durch überdurchschnittliche Meeresoberflächentemperaturen im westlichen Indik und im Arabischen Meer (vor der afrikanischen Küste) und damit einhergehende verstärkte tropische Konvektion mit häufigen Niederschlägen in diesen Gebieten (durch Aufsteigen der Warmluft).

Dies korrespondiert mit verhältnismäßig niedrigen Meeresoberflächentemperaturen im Bereich Ozeaniens, was (durch Absinken der Luft) eine Tendenz zu Dürren in den benachbarten Landmassen von Indonesien und Australien bewirkt.

In Bodennähe erfolgt dort dann das Rückströmen der Luft nach Westen. Somit herrschen in diesem Bereich beidseitig des Äquators verstärkte östliche Winde vor (Passatwinde), die das Meereswasser in der Folge oberflächlich abtransportieren und abkühlen (verstärkt in der Folge durch nachrückendes kühleres Wasser aus tieferen Schichten).

Die negative Phase des IOD bringt die gegenteiligen Verhältnisse mit sich, wärmere Ozeantemperaturen und stärkere Niederschläge im Ostindik und kühlere und trockenere Verhältnisse im Westen.

Zum ersten Mal entdeckt wurde dieses Phänomen 1999. Allerdings belegen Proxydaten aus Korallenriffen, dass der IOD mindestens seit dem mittleren Holozän, d.h. seit etwa 6.500 Jahren besteht. Ähnliche Systeme sind in den anderen beiden Weltmeeren Atlantik (Atlantische Multidekaden-Oszillation) und Pazifik (Pazifische Dekaden-Oszillation) ebenfalls bekannt.

Indian Ocean Dipole - Positive Phase

Indian Ocean Dipole - Positive Phase

Während der positiven Phase des Dipols des Indischen Ozeans, die in der Regel zwischen September und November ihren Höhepunkt erreicht, verändern kühlere als normale Bedingungen an der Meeresoberfläche westlich von Indonesien und wärmere als normale Bedingungen im westlichen Indischen Ozean die atmosphärische Zirkulation in der Region des Indischen Ozeans. Gleichzeitig ist dort die Konvektion deutlich verstärkt.

In Indonesien und Australien ist es tendenziell trockener als normal, was die Gefahr von Buschbränden erhöht, während es in Ostafrika tendenziell feuchter als normal ist, was die Wahrscheinlichkeit von Überschwemmungen erhöht.

Quelle: ENSO Blog 2020
Indian Ocean Dipole - Neutralphase

Indian Ocean Dipole - Neutralphase

Die neutrale Phase des Dipols im Indischen Ozean weist weder positive noch negative Merkmale auf.

Quelle: ENSO Blog 2020
Indian Ocean Dipole - Negative Phase

Indian Ocean Dipole - Negative Phase

Während der negativen Phase des Dipols im Indischen Ozean verändern wärmere als normale Bedingungen an der Meeresoberfläche westlich von Indonesien und kühlere als normale Bedingungen im westlichen Indischen Ozean die atmosphärische Zirkulation in der Region des Indischen Ozeans. Indonesien und Australien neigen dazu, feuchter als normal zu sein, während Ostafrika tendenziell trockener als normal ist.

Quelle: ENSO Blog 2020

Die Auswirkungen dieser Meerestemperaturen-Anomalie sind ziemlich unterschiedlich, vor allem im Bezug auf den indischen Monsun. Bei einem positiven IOD Ereignis fällt auf der Westseite des indischen Subkontinents weniger Niederschlag aufgrund des herabgesetzten Meer-Land Temperatur- und damit auch Druckunterschieds, welcher wiederum an der Ostküste nun stärker ausgeprägt ist und hier mehr Niederschlag fällt.

Der IOD teilt den Indik in zwei Regionen, zum einen in die indonesisch-australische, welche als zusammengehörig zu betrachten ist, und zum anderen in den Ostküstenbereich Afrikas. In diesen beiden Regionen ergibt sich bei einer nicht neutralen Phase jeweils immer eine der jeweils anderen Region entgegengesetzte niederschlagsarme oder niederschlagsreiche Phase. Die Niederschlagsverteilungen sind hier aber nicht von den monsunalen Luftströmungen wie in Indien bedingt, und damit auch nicht von den Land-/ Meerunterschieden hinsichtlich Temperatur und Druck.

Australien und Indonesien und der erwähnte Teil Ostafrikas befinden sich so nah am Äquator, dass die vorhandenen Druckverhältnisse nicht von den Land-Meer Temperaturunterschieden abhängig sind und der Niederschlag vornehmlich über die Verdunstung und Konvektion über dem Meer gesteuert wird. Dadurch kommt es bei einem regionalen Abfall der SST jeweils zu weniger Konvektion über dem Meer und dadurch weniger Niederschlägen, und die Wahrscheinlichkeit einer Dürre wird erhöht. Bei einem positiven Ereignis gibt es also vor Australien und Indonesien niedrigere SST und damit verbunden weniger Niederschläge, während im äquatornahen Ostafrika erhöhte SST und damit einhergehend mehr Niederschläge fallen. Ein negatives Ereignis hat immer exakt die umgekehrten Folgen.

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Dipole Mode Index (DMI)

Die IOD wird üblicherweise durch einen Index gemessen, der die Differenz zwischen der Meeresoberflächentemperatur (SST) im westlichen (50°E bis 70°E und 10°S bis 10°N) und östlichen (90°E bis 110°E und 10°S bis 0°S) äquatorialen Indischen Ozean darstellt. Der Index wird Dipole Mode Index (DMI) genannt. Die Karte zeigt die Ost- und Westpole des IOD für November 1997 auf dem Höhepunkt des positiven IOD-Ereignisses 1997. Die Ost- und Westpole des IOD sind mit schwarzen Kästen markiert. Quelle: BOM

Wie ENSO ist der IOD ein gekoppeltes Ozean-/Atmosphären-Phänomen. Auch sind seit einigen Jahren Verbindungen bekannt zwischen dem IOD und ENSO über eine Erweiterung der Walker-Zirkulation nach Westen und dem damit verbundenen Indonesischen Durchstrom (Indonesian Throughflow, ein Zustrom von warmem Oberflächenwasser aus dem Pazifik in den Indik). Da der ENSO-Index meist über den Luftdruckunterschied zwischen dem tiefen Druck im Bereich Indonesiens und dem hohen Druck vor der peruanischen Küste definiert wird, sind Wechselwirkungen nicht verwunderlich, da das indonesische Tief auch ein Teilelement des IOD ist. Ein positiver IOD kann von einem positiven ENSO-Ereignis ausgelöst werden, aber auch ein IOD-Ereignis kann ein positives ENSO-Ereignis auslösen.

Negative IOD sind wiederum mit La Niña verbunden. Die interne Variabilität dieses Systems erlaubt aber auch ein Vorkommen unterschiedlicher Phasen ohne äußere Einflüsse. Die vorhandenen Telekonnektionen funktionieren über die Atmosphäre, so kann eine positive IOD-Phase durch Upwelling eine negative SST-Anomalie vor Indonesien und mit dem damit einhergehenden Druckabfall ein Eintreten eines positiven ENSO-Ereignisses bewirken.

Wenn der IOD und ENSO phasengleich verlaufen, sind die Auswirkungen von El Niño und La Niña beispielsweise in Australien oft höchst extrem, wohingegen die Auswirkungen von El Niño und La Niña verringert werden können, wenn sie gegenphasig verlaufen.

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Schematische zweijährige Klimaschwankung im Pazifik und im Indischen Ozean

Ein starker Monsun im Zeitraum Juni-September (rot, Tafel 1) führt zur Entwicklung einer negativen Anomalie im Index des Indischen Ozean-Dipols (IOD) (rot: Tafel 2). Als Folge des Abklingens der negativen IOD-Anomalie verlangsamen sich die pazifischen Passatwinde (rot: Tafel 3), was wiederum zur Bildung einer El Niño-Phase und zu einer Abnahme der Stärke der Walker-Zirkulation führt (rot: Tafel 4). Als Reaktion auf diese Veränderungen schwächt sich der südasiatische Monsun ab (blau, Tafel 1) und der zweite Jahreszyklus folgt dem gleichen Muster, allerdings mit umgekehrten Vorzeichen. Izumo und Kollegen schlagen vor, dass die Entwicklung von einer Anomalie im Dipol des Indischen Ozeans zu einem El Niño- oder La Niña-Ereignis helfen könnte, ENSO-Vorhersagen mit Vorlaufzeiten von bis zu 14 Monaten zu verbessern.

Die Vorhersage eines El Niño- oder La Niña-Ereignisses vor dem vorangehenden Frühjahr hat sich als schwierig erwiesen. Die Berücksichtigung von gekoppelten Ozean-Atmosphären-Modi in der Region des Indischen Ozeans, die eine zweijährige Periodizität aufweisen, könnte die Grundlage für längere Vorhersagezeiten bilden.

Quelle: Peter J. Webster & Carlos D. Hoyos (2010): Beyond the spring barrier?

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