Das ENSO-Phänomen

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ENSO-Lexikon

Paludikultur

Nach lat. palus „Morast, Sumpf“ und cultura "Bewirtschaftung"; die landwirtschaftliche Nutzung von nassen oder wiedervernässten Moorböden. In Europa ist der Anbau von Röhrichten für Dachreet ist ein traditionelles Beispiel. Neue Verfahren sind die Energiegewinnung aus Schilfbiomasse oder die Kultivierung von Torfmoosen als Torfersatz in Kultursubstraten im Gartenbau. Ein wichtiges Ziel der Paludikultur ist der Erhalt oder die Neubildung von Torf und die Unterstützung der ökosystemaren Funktionen der Torfgebiete.

Die Nutzung von drainierten Torfflächen bewirkt Torf-Oxidation, Bodensenkung, Nährstoffabfuhr in Grund- und Oberflächenwasser, Treibhausgasemissionen sowie Torfbrände mit einhergehender Aerosolbelastung (haze). Einige dieser Prozesse zerstören die Grundlage einer produktiven Nutzung der Torfgebiete nachhaltig. Für übliche landwirtschaftliche oder forstwirtschaftliche Nutzung wurden und werden Torfgebiete mittels Bodenmelioration vorbereitet. Die wichtigste Maßnahme dabei ist intensive Drainage, da die meisten Nutzpflanzen niedrige Grundwasserspiegel benötigen, und schwere Landmaschinen sind für wassergetränkte Böden nicht geeignet.

Die Erhaltung oder die Erneuerung des Feuchtegehaltes der Torfflächen verhindert oder mindert diese nachteiligen Umweltwirkungen, aber dies bedeutet auch, dass diese Flächen dann nicht für übliche landwirtschaftliche Nutzung verfügbar sind.

Paludikulturen nutzen nur jenen Teil der Netto-Primärproduktion, der nicht für die Torfbildung nötig ist. In den gemäßigten Breiten, den Subtropen und Tropen, also jenen Zonen, in denen eine hohe Pflanzenproduktivität besteht, wird Torf i. A. durch Wurzeln und Rhizome im Untergrund gebildet. Torfgebiete unterstützen natürlicherweise Vegetation, deren über dem Boden befindliches Pflanzenmaterial (selektiv) geerntet werden kann, ohne dass es zu einer substantiellen Beeinträchtigung der Torfschichten kommt. Die Biomassenutzung von Paludikulturen kann Spontanvegetation auf naturbelassenen Flächen umfassen oder künstlich angebaute Erzeugnisse auf wieder vernässten Flächen.

Paludikulturen können eine Doppelrolle bei der Minderung des Klimawandels spielen: Sie vermeiden durch den Erhalt der Torfkörper Treibhausgasemissionen, und zusätzlich kann Biomasse, die auf ihren Flächen produziert werden, fossile Roh- und Brennstoffe ersetzen.

Eine naheliegende Praxis der Paludikultur ist das Sammeln von Nahrungsmitteln für den direkten Verzehr. In der borealen Zone Eurasiens werden eine Vielzahl von essbaren Wildbeeren und Pilzen zur Nahrungs- und Vitaminversorgung gesammelt. In anderen Teilen der Welt ernten Einheimische verschiedenste Pflanzen von Torfgebieten zur menschlichen Ernährung und für medizinische Zwecke. Dazu gehören wilder Reis (Zizania aquatica) in Nordamerika, Fieberklee (Menyanthes trifoliate), Kalmus (Acorus calamus) und Duftendes Mariengras (Hierochloe odorata) in Europa, ferner die Sagopalme (Metroxylon sagu) in Indonesien und Malaysia.

Andere traditionelle Nutzungsarten mit geringer Intensität oder sanften Eingriffen sind die Jagd und die Fischerei. Besonders in tropischen Torfsumpfwäldern ist die Fischerei eine wichtige ökonomische Aktivität. Aquakultur mit einheimischen Fischarten kann ferner eine attraktive Nutzungsart sein und ökonomische Anreize für die einheimische Bevölkerung in Regionen bieten, in denen Entwässerungskanäle zur Wiederherstellung des Wasserhaushalts aufgestaut werden müssen.

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