Auftriebsgebiete
Syn. Aufquellgebiete; Regionen in den Ozeanen, in denen kalte Tiefenwässer aus ca. 100-300 m Tiefe die von Winden horizontal verfrachteten warmen Oberflächenwässer ersetzen ("Upwelling"). Das aus Gründen der Massenerhaltung aufsteigende Wasser ist bis zu 8 °C kälter als das Ozeanwasser der Umgebung. Die Aufstiegsgeschwindigkeiten sind mit wenigen Zentimetern pro Stunde oder einigen Metern pro Tag sehr gering. Die Geschwindigkeit ist damit um drei Größenordnungen niedriger als die Horizontalgeschwindigkeit von Meeresströmungen, die nach Kilometern pro Tag zählt. Im Bereich des Humboldt-Stromes betragen die Geschwindigkeiten 0,75 m/Tag, im Bereich des Kalifornienstroms bis zu 20 m/Tag (Gierloff-Emden 1980). Derartige Gebiete finden sich vor allem an den Westseiten der Kontinente (Kalifornien/Oregon, Peru/Nordchile, NW- und SW-Afrika) und in allen drei Ozeanen entlang des Äquators (an der Nordflanke des Äquatorialen Gegenstroms).
Weltkarten der mittleren SST Globale Karten der mittleren SST- (oben) und Chlorophyll-Konzentration des Phytoplanktons (unten) vom MODIS-Sensor an Bord des NASA-Satelliten Aqua. Die wichtigsten Auftriebsgebiete sind angegeben. C1: California; C2: Pacific Central American coast; C3: Peru; C4: Chile; C5: West Africa; C6: Benguela; C7: Arabian Sea; C8: Eastern New Zealand; E1; Equatorial Pacific; E2; Equatorial Atlantic; BC: Brazil Current/Malvinas Current interaction zone. SO: Southern Ocean Man mag sich jetzt vielleicht fragen, wie das tiefe Wasser wieder an die Oberfläche kommt. Dies geschieht dort, wo der Fluss der Oberflächenströmungen dem Wasser unter der Oberfläche Platz macht, um an die Oberfläche zu kommen - zum "Auftrieb". Das aufsteigende Wasser ist im Allgemeinen viel kälter als das umgebende Oberflächenwasser, so dass es auf Satellitenbildern der Meeresoberflächentemperatur (SST) leicht zu erkennen ist. Quelle: SEOS |
Die geophysikalischen Ursachen des Auftriebs liegen im Zusammenwirken des in den jeweiligen Klimazonen vorherrschenden Windfeldes, den daraus resultierenden Meeresströmungen und der Corioliskraft. Darauf aufbauend entwickelte Ekman seine Triftstrom-Theorie, nach der die Richtung der vom Wind angetriebenen Wasserströmung um 45° nach rechts versetzt ist (Nordhalbkugel).
Eine große Rolle für den Auftrieb spielt auch die Küstenmorphologie und die Gestalt des Meeresbodens. Daher befinden sich Auftriebsgebiete bevorzugt im Lee von vorspringenden Kaps und im Bereich unterseeischer Canyons.
Prinzip des Küsten-Auftriebs (N-Halbkugel) Der Küstenauftrieb erfolgt entlang der von östlichen Grenzströmungen umspülten Ufer (d.h. entlang der östlichen Teile der großen zentralen Ozeanwirbel). Diese durch Winde verursachten Strömungen werden durch die Corioliskraft umgeleitet, was dazu führt, dass Wasser vom Ufer weggeführt wird. Tiefes, kaltes Wasser steigt auf, um diese Wassermassen zu ersetzen, was zu einem Auftrieb an der Küste führt. | Prinzip des äquatorialen Auftriebs Winde entlang des Äquators (gestrichelte Linie) erzeugen Strömungen, die dann durch die Corioliskraft nach Norden und Süden abgelenkt werden. Das kalte, tiefe Wasser von unten steigt an die Oberfläche, um diese umgeleiteten Wassermassen zu ersetzen, was zu einem Auftrieb führt. Quelle: Scripps Earthguide |
Das Aufquellen von kaltem Tiefenwasser entlang des geographischen Äquators erklärt sich nach dem gleichen Prinzip: die innertropische Konvergenzzone liegt im Jahresmittel bei ca. 5° N (meteorologischer Äquator). Folglich wehen im Mittel SO-Passate in Äquatornähe. Da der Coriolis-Parameter am geographischen Äquator sein Vorzeichen wechselt, divergiert dort, aufgrund des Ekman-Transportes das oberflächennahe Wasser. Als Folge quillt kälteres Tiefenwasser auf. Dieser Vorgang erklärt die äquatoriale Kaltwasserzunge, die während Normal- und La Niña-Phasen von der Küste Südamerikas bis weit in den Pazifik reicht.
Eine andere Erklärung besagt, dass östliche Winde in Äquatornähe aufgrund des Ekmaneffektes eine Divergenz der windgetriebenen, oberflächennahen Meeresströmung weg vom Äquator bewirken. Diese polwärtige Komponente der Wasserbewegung beiderseits des Äquators löst am Äquator einen Auftrieb aus.
Die Thermokline liegt in Auftriebsgebieten gewöhnlich oberflächennah. Entsprechend ist die Tiefenlage der Thermokline von der Stärke der Passate abhängig.
Die Lufttemperaturen sind unter diesen Bedingungen meist höher als die Wassertemperaturen. In den Auftriebsgebieten an den Westseiten der Kontinente bilden sich als Folge Küstennebel. Zu Regen kommt es dennoch nicht, da die ankommenden Passate trocken sind und die Luft absinkt und so der Konvektion entgegenwirkt. Daher sind die Regionen mit Auftriebsgebieten sehr niederschlagsarm, auf den benachbarten Festländern oder deren vorgelagerten Inseln (z.B. Galapagos-Inseln) herrschen wüstenhafte Verhältnisse. Das aufsteigende Wasser ist sehr nährstoffreich und führt zu großem Reichtum an Phytoplankton ( Primärproduktion) und Fischen sowie Cephalopoden (Sekundärproduktion).
Die Primärproduktion beträgt vor Peru ca. 1.500 g C unter 1 m², gegenüber lediglich ca. 200 g C in der Nordsee. Schätzungsweise stellen die Auftriebsgebiete ca. 50 % des Gesamtfischereipotentials der Meere, obwohl ihr Flächenanteil am Weltmeer nur 0,1 % beträgt.
Auftriebsgebiete sind die reichsten Fischgründe der Erde, wie die folgenden Grafiken zeigen.
Pflanzen- und Fischerzeugung in den Teilgebieten der Ozeane
Eigene Grafik nach einer Vorlage von Maricult | Flächen der Ozeangebiete (in % der Gesamtfläche)
Eigene Grafik nach einer Vorlage von Maricult |
Unterhalb der Auftriebsgebiete ist das Wasser der bodennahen Schichten meist sehr sauerstoffarm. Bakterielle Zersetzung von absinkendem Phytoplankton und Zooplanktonfäzes führt zu starker Sauerstoffzehrung und zeitweise zur Ausbildung von H2S im Wasser.
Die fruchtbaren Auftriebsregionen an den Westseiten der Kontinente stehen in starkem Kontrast einerseits zu den benachbarten nährstoffarmen Zentren der subtropischen Meeresströmungskreise, den "blauen Wüsten" und andererseits zu den angrenzenden Küstengebieten, die zu den trockensten Gebieten der Erde gehören (Atacama, Namib, Westsahara). Mit ihrem Anteil von 12 bis 20 Prozent der gesamten Fischanlandungen gehören die Küstengewässer des westlichen Südamerika zu den wichtigsten Auftriebsgebieten der Erde.
Die Auftriebsgebiete lassen sich wegen ihres Chlorophyll produzierenden Phytoplanktons (grüne Farbe) leicht mit Hilfe von Satellitenbildern aufspüren. Auch Infrarot-Aufnahmen, die auf Temperatur ansprechen, geben wegen der geringeren Temperatur des aufgeströmten Wassers Auskunft über die Verbreitung von Auftriebsgebieten.
Während also in den äquatornahen Auftriebsgebieten zu Zeiten des "normalen" Zustandes des pazifischen Ozean-Atmosphäre-Systems (u.a. Walker-Zirkulation mit östlichen Winden) die Wassermassen nach dem Ekman-Prinzip vom Äquator wegfließen, so sind die Verhältnisse bei einem entstehenden El Niño umgekehrt.
Der jetzt nach Osten gerichtete untere Ast der Walkerzelle führt zusammen mit dem Ekman-Prinzip zu einem äquatorwärts gerichteten Wassertransport. Um diesen anomalen Wasserzufluss auszugleichen, breitet sich das zugeflossene Warmwasser in die Tiefe aus, drückt also die Thermokline nach unten. Gleichzeitig ist das Wasser auch bestrebt, sich von der Windquelle zu entfernen, d.h. es strömt in sehr langen Wellen, den Kelvin-Wellen, ostwärts. Dieser Warmwassertransport führt letztlich zu einem El Niño-Ereignis.
Vergleichbares gilt für die küstennahen Auftriebsgebiete.
Intensität der Primärproduktion in den Weltmeeren Die regionalen Unterschiede der pelagischen Primärproduktion im Meer (angegeben als Kohlenstofffixierung im mgC · m-2 · d-1). Die niedrigen Produktionswerte der subtropischen Strömungskreise sowie die Fruchtbarkeit der Flachmeere und Auftriebsgebiete sind deutlich erkennbar. Quelle: Ott, Jörg (1988): "Meereskunde: Einführung in die Geographie und Biologie der Ozeane". Stuttgart |
Übrigens geht eine Hypothese davon aus, dass die hohe Planktonproduktion mit nachfolgendem Absinken organischen Materials und Sedimentation unter sauerstoffarmen Bedingungen zur Lagerstättenbildung von Phosphorit, sowie Erdöl und Erdgas führt.
Wirtschaftliche Bedeutung von Auftriebsgebieten
Obwohl Auftriebsgebiete nur etwa 0,2 % der Weltmeeresfläche ausmachen, liefern sie heutzutage etwa 20 % der Gesamtfänge der Weltfischerei (Tab. 7.1). Allein vor Chile und Peru wurden in den letzten beiden Jahrzehnten 8–10 Mio. t Fisch pro Jahr entnommen. Während in ozeanischen Auftriebsgebieten im Wesentlichen Thune und andere große Fische (äquatorialer Pazifik) bzw. Krill und Wale (Antarktische Divergenzzone) gefangen werden oder wurden, sind es in den Küstenauftriebsgebieten bevorzugt die kleinen Schwarmfische (Sardinen und Sardellen oder andere Heringsartige), die überwiegend zu Fischmehl und -öl verarbeitet werden.
Weitere Informationen:
- Abbildungen zu Formen des Planktons im Anhang
- Large upwelling ecosystems of the world (Pierre Fréon, Ifremer)
- Artificial Upwelling (WBGU 2013)
- Ocean Motion - resources developed for inquiring minds both in and outside the classroom (NASA)