Das ENSO-Phänomen

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ENSO-Lexikon

Meeresströmungen

Beständige, überwiegend horizontale Bewegungen von Wassermassen in den Meeren, die im Gegensatz zu Wellen und Turbulenzen längere Zeit andauern und sich über ein größeres Gebiet erstrecken. Die Strömungsgeschwindigkeiten bewegen sich im Bereich von mm/s bis m/s und erreichen zwischen 30 und 60 Kilometern am Tag. Bei den Meeresströmungen handelt es sich um mehr oder weniger geschlossene Zirkulationssysteme. Es werden Oberflächen- und Tiefenströmungen unterschieden.

Antreibende Kräfte der Oberflächenströmungen sind Druckgradientkräfte, die auf unterschiedlichen Temperaturen, Dichtewerten und Salzgehalten des Meerwassers beruhen, sowie der Impulseintrag von Winden, dessen Tiefenwirkung jedoch im Vergleich zu den Druckkräften geringer ist. Letztere können durch die Neigung der Meeresoberfläche oder die Schrägstellung der Linien gleicher Dichte bedingt sein. Auf den Verlauf der Strömungen hat darüber hinaus auch die ablenkende Kraft der Erdrotation maßgeblichen Einfluss. Sie bewirkt, dass die Meeresströmungen der Nordhalbkugel in der Regel im Uhrzeigersinn, auf der Südhalbkugel entgegengesetzt verlaufen.

Meeresströme

Globales Muster der oberflächennahen Meeresströmungen

Die großen Meeresströme transportieren nicht allein riesige Wassermassen, sondern zugleich auch gigantische Wärmemengen um den Globus. So wie der Wassertank einer Heizungsanlage Wärme aus der Solaranlage auf dem Dach speichert, wirken auch die Ozeane wie ein gewaltiges Wärmereservoir, in dem die Sonnenenergie lange erhalten bleibt. Die großen Meeresströme transportieren diese Wärme über Tausende von Kilometern und beeinflussen damit erheblich, wie der Golfstrom zeigt, das Klima in vielen Regionen der Erde. In den warmen Tropen und in den Subtropen bis etwa zum 30. Breitengrad trifft im Jahresdurchschnitt mehr Wärme auf die Erdoberfläche, als diese abgibt. In den höheren Breiten und zu den Polen hin ist dieses Verhältnis umgekehrt. Die Folge ist, dass die Atmosphäre und die Ozeane zum Ausgleich Energie vom Äquator nach Norden und nach Süden transportieren.

Quelle: Maribus

Im Inneren der Ozeane sind die Meeresströmungen weitgehend durch das Kräftegleichgewicht der Geostrophie bestimmt, das einen direkten Zusammenhang zwischen den Strömungs- und Schichtungsverhältnissen bewirkt.

Auch Tiefenströmungen sind wesentlich am Austausch von Wassermassen beteiligt. Ausmaß und Geschwindigkeit sind bei ihnen auch vom Relief des Meeresbodens abhängig. So gibt es unter den Randströmen entgegengesetzte Unterströme. Auch im Äquatorialen Stromsystem treten Unterströme auf, die stärker sein können, als die Strömung an der Meeresoberfläche.
Starke räumliche Unterschiede bei horizontalen Meeresströmungen können als Ausgleichsbewegungen vertikale Auftriebsströmungen bewirken. Diese transportieren kaltes, nährstoffreiches Wasser vom Meeresboden an die Oberfläche. Das Auftreten kalter Auftriebswasser hat Auswirkungen auf das Klima küstennaher Bereiche. Die Luftmassen regnen sich bereits über dem kalten Wasser ab. Schon vor dem Übertritt auf das wärmere Festland sind sie trocken, was bei häufigem Auftreten dieses Prozesses zur Entwicklung markanter Küstenwüsten führt. Beispiele hierfür sind die Atacama im Norden Chiles und die Namib an der Küste Südwestafrikas.
Eine besondere Rolle spielt das Antarktische Zirkumpolarstrom, der die Strömungssysteme der einzelnen Ozeane verbindet und damit die Grundlage der globalen thermohalinen Zirkulation darstellt.

Meeresströmungen beeinflussen das Klima der angrenzenden Festländer nachhaltig, da sie ihre thermischen Eigenschaften auch über größere Entfernungen weitgehend beibehalten. Wenn das Ursprungsgebiet einer Strömung in Gebieten niedriger geographischer Breite liegt, also nahe dem Äquator, erreicht sie die polnäheren Bereiche als warme Meeresströmung. Beispiele hierfür sind Golfstrom, Kuroshio und Brasilstrom. Diese beeinflussen auch die Eigenschaften der sie überlagernden Luftmassen und bewirken höhere Lufttemperaturen als der geographischen Breite entspricht. Umgekehrt verhält es sich bei Strömungen, die aus Polargebieten äquatorwärts fließen, wie etwa Humboldtstrom, Kalifornischer Strom und Oyashio.

Meeresströmungen verursachen durch Advektion Wärme- und Stofftransporte (Salze). Sie sind daher die Grundlage der thermohalinen Zirkulation und bewirken die Verteilung von Nährstoffen, gelösten Gasen (z.B. CO2) und Schadstoffen. Deshalb werden sie im Rahmen der Klimaforschung und zur Beschreibung der Funktion von Ökosystemen untersucht.

Im Gegensatz zu Winden werden Meeresströmungen nach der Richtung bezeichnet, in die sie fließen. Eine Westströmung fließt also von Osten nach Westen. Die großräumigen Meeresströmungen werden von den Gezeiten überlagert, die periodisch auftreten. Mit Hilfe von Computermodellen konnte nachgewiesen werden, dass die Meeresströmungen instabil werden und unter bestimmten Bedingungen „umkippen” können.

Meeresströmungen können fernerkundlich mit Hilfe von satellitenbasierten Altimetern, auch in Kombination mit Scatterometern (Windmessung) beobachtet werden, sowie mit in-situ-Methoden, wie fest verankerten Bojen, profilierenden Treibkörpern (ARGO) oder (autonomen) Gleitern mit gesteuerten Routen und Tiefen.

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