Paläoklima
Bezeichnung für das Klima bzw. die Klimaentwicklung in Zeiten vor der Entwicklung von Messinstrumenten, einschließlich historische und geologische Zeiträume, für die nur indirekte Daten (Proxydaten) verfügbar sind.
Als besonders geeignete Zeugen unterschiedlichster Vorzeitklimate gelten Sedimente mit Ablagerungen von tierischen und pflanzlichen Organismen, Lagerstätten, vulkanischen Ablagerungen und Vorgänge, Meeres- und Seespiegelstände, glaziale Ablagerungen, Periglazialerscheinungen, fossile Bodenhorizonte, Lößstratigraphien, Gletscherbewegungen, Inlandeisverbreitung und Flussterrassen.
Diese Proxy-Klimadaten erweitern das Archiv der Wetter- und Klimainformationen um Hunderte bis Millionen von Jahren. Die Daten umfassen geophysikalische oder biologische Messzeitreihen und einige rekonstruierte Klimavariablen wie Temperatur und Niederschlag. Wissenschaftler nutzen paläoklimatologische Daten und Informationen, um die natürliche Klimavariabilität und den künftigen Klimawandel zu verstehen.
Wichtige paläoklimatische Datenerhebungs- und Datierungsmethoden:
- Radiokarbonmethode (14C-Datierung): Physikalisches Verfahren zur absoluten Altersbestimmung; es basiert auf dem Zerfall des radioaktiven Kohlenstoff-Isotops 14C, das in Organismen und Sedimenten eingebaut wird und mit konstanter Rate zerfällt.
- Lumineszenzdatierung, physikalische Altersbestimmung für quartäre Proben aufgrund eines mit dem Probenalter anwachsenden Strahlenschadens, der durch die emittierte Lumineszenz quantifiziert wird. Die Datierobergrenze der verschiedenen Lumineszenzmethoden liegt allgemein bei etwa 100.000-120.000 Jahren, kann jedoch in Abhängigkeit von Dosisleistung, Probenmaterial und Sedimenttyp höher oder geringer sein.
- Thermolumineszenz (TL-Methode): Verfahren für Altersbestimmungen an Scherben, gebrannten Tonen, ausgeglühten Böden, Steinen und Schlacken etc. Günstig bis 15.000 Jahren v.h., vor allem im Zusammenhang mit 14C-Datierungen.
- Sauerstoff-Isotopen-Verfahren (16O/18O): Verfahren zur Ermittlung von Temperaturen; es ist in jüngerer Zeit erfolgreich an Bohrkernen in Meeressedimenten und im grönländischen und antarktischen Inlandeis angewandt worden.
- Kalium-Argon-Methode (40K/40A): Physikalische Altersbestimmung mittels des Zerfalls von 40K in 40Ar. Als Edelgas geht Letzteres keine Bindung ein und entweicht bei der Gesteinsbildung. Im abgekühlten Gestein reichert es sich in Abhängigkeit von der Zeit wieder an. Die Methode erlaubt sehr hohe Alter zu bestimmen, allerdings blieb bei der Gesteinsbildung oft doch etwas Argon erhalten oder konnte später diffundieren. Sie wird meist in Verbindung mit der Feststellung des Wechsels im erdmagnetischen Feld angewandt.
- Proactinium-Ionium-Methode: Wie die vorgenannte Methode ein Verfahren, das sich jenseits der Grenze möglicher 14C-Datierungen anwenden lässt. Sie beruht auf dem radioaktiven Zerfall von Uran 238 und Uran 235.
- Warven-Chronologie: Verfahren, das auf der Auswertung von geschichteten Ablagerungen (meist Bändertonen), die den Wechsel von Jahreszeiten repräsentieren und somit eine Jahreszählung gestatten.
- Dendrochronologie: Methode, die zur Altersbestimmung die Jahresringe von Bäumen benutzt.
- Pollenanalyse: Methode, die die in Sedimenten (vorwiegend Mooren) enthaltenen Blütenstaubablagerungen zur Rekonstruktion früherer Vegetationsbestände auswertet. Diese lassen Rückschlüsse auf das jeweilige Klima zu.
- Bohrlochdaten: Solche Datensätze enthalten direkte Temperaturmessungen aus Bohrlöchern, die in die Erdkruste gebohrt wurden. Diese Messungen können Aufschluss über vergangene Oberflächentemperaturen geben. Anomalien oder Abweichungen vom geothermischen Gradienten (Messungen aus tieferen Schichten sind in der Regel wärmer) können genutzt werden, um signifikante Änderungen der Oberflächentemperatur in früheren Epochen zu ermitteln.
Standardmethoden zur Erfassung der Klimaschwankungen der vergangenen 40.000 Jahre sind Warvenzählung, Dendrochronologie, Radiokarbon- und Thermolumineszenzverfahren zusammen mit der Pollenanalyse. Für die Rekonstruktion des pleistozänen Klimas werden auch eine sehr verfeinerte Lößstratigraphie und Untersuchungen fossiler Böden in Verbindung mit Meeres- und Seespiegelständen sowie der Lage und Abfolge von Flussterrasen und Moränen angewandt.
Verständlicherweise werden Aussagen zum Paläoklima umso unsicherer, je weiter man in die Erdgeschichte zurückgeht.
Weitere Informationen:
- Vom Monitoring zum Klimaarchiv - Sauerstoffisotope in der Paläoklimatologie (GFZ-Journal 2017)
- Paleoclimatology (NASA Earth Observatory)
- Paleoclimatology Data (NOAA - National Climate Data Center)
- What is Paleoclimatology? (NOAA - NCDC)
- Climates of the Past (NESTA)
- A bittersweet victory for an El Niño chaser (ENSO Blog)