Das ENSO-Phänomen

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ENSO-Lexikon

Meeresoberflächentemperatur

Zur Meereoberflächentemperatur (engl. Sea Surface Temperature; SST) gibt es viele Definitionen, insbesondere da die Mächtigkeit der "Meeresoberfläche" nicht einheitlich bestimmt ist und mit weniger als einem mm bis zu einigen m angegeben wird. Oft erfolgt die Definition in Abhängigkeit vom Messverfahren bzw. vom eingesetzten Sensor und damit auch von der Messtiefe.

Gemeinhin sieht man die Meeresoberflächentemperatur als die kalorische Mitteltemperatur in den obersten paar Metern des Ozeans, die von Schiffen, Bojen und Fischloggern gemessen wird. Die Schiffsmessungen wechselten in den 1940er Jahren von Messungen von Wasserproben in Kübeln in den meisten Fällen auf Proben von Maschinenansaugwasser.

Seit den 1980er Jahren stammt der Großteil der SST-Informationen von Satelliten durch Messungen der „Hauttemperatur“ (engl. SSTskin; die oberste, einen Bruchteil eines Millimeters dicke Schicht) im Infrarotbereich oder ungefähr des obersten Zentimeters im Mikrowellenbereich, sie müssen aber abgeglichen werden, um mit der kalorischen Mitteltemperatur verglichen werden zu können.

Eine wesentliche Errungenschaft bei der Verbreitung von SST, die durch Satelliten ermittelt wurden, liegt in der Arbeit des Projekts High Resolution Sea Surface Temperature (GHRSST). Das Projekt stellt alle SST-Datensätze in einem gemeinsamen Format zur Verfügung, das einen leichten Zugang über verschiedene Computer-Plattformen und Betriebssystem hinweg ermöglicht.

Die Meereoberflächentemperatur wird global durch den Wärmeüberschuss der Tropen gegenüber den höheren Breiten bestimmt, die sich durch die höhere Sonneneinstrahlung in den Tropen ergibt. Dies führt zu einer Differenz der SST zwischen Äquator und Polen von ca. 30 °C. In den Tropen, inklusive des tropischen Pazifiks, beträgt die höchste SST um 28 °C, maximal 30 °C. Dies ist beträchtlich kühler als die üblicherweise auf Land gemessene Höchsttemperatur von ca. 50 °C. Es wird angenommen, dass der wichtigste Regulationsmechanismus hinsichtlich der maximalen Ozeantemperaturen die Wolkenbildung ist. Die Wolkenbildung nimmt bei Wassertemperaturen von über 27,5 °C deutlich zu. Die dichtere Wolkendecke verstärkt die Albedo, welche die Menge der Sonnenstrahlung, die die Erde erreicht, reduziert und so eine weitere Erhöhung der SST verhindert.
Die Minimumtemperatur des Wassers an der Meeresoberfläche beträgt - 1,8 °C, der Wert, bei dem Meerwasser gefriert.

Monthly Mean SST 2° S to 2° N Average

Monthly Mean SST 2° S to 2° N Average

Monthly Mean SST in the equatorial Pacific (2° S to 2° N)

Monthly Mean SST in the equatorial Pacific (2° S to 2° N)

Quelle: NOAA PMEL

El Niños & La Niñas von 1986 bis zur Gegenwart

Die Warm- und Kaltereignisse sind in diesen Hovmöller-Diagrammen mit Hilfe von Daten zur Meeresoberflächentemperatur (SST) nachgewiesen. Die linke Version der Doppeldiagramme stammt vom 12. Juni 2022. Sie kann über den Link zur Quellenangabe aktualisiert werden. Die rechte Mustergrafik ist von 2016 und enthält Erläuterungen.

Beachten Sie die starke La Niña von 1988-1999 und die extremen El Niños von 1996-1997 und 2015-2016.

  • Die Jahre sind jeweils links angegeben, wobei das Jahr 1986 sich oben befindet und das aktuelle Jahr unten
  • Beide Diagrammblöcke zeigen die SST entlang des Äquators im Pazifik. Indonesien befindet sich links (Westen) und Südamerika rechts (Osten). Die jeweils linke Diagrammsäule zeigt die Absolutwerte der SST, in der rechten Diagrammsäule sind die Abweichungen der SST von Normal dargestellt.
  • Beachtenswert ist das Wechselspiel von normaler saisonaler Erwärmung (rote Ausschläge) und Abkühlung (blaue Ausschläge). Bei El Niño-Ereignissen sind die roten Ausschläge deutlich markanter, bei La Niña-Ereignissen die blauen.

Anomalien der Meeresoberflächentemperatur

Wissenschaftler klassifizieren die Intensität von El Niño auf der Grundlage von SST-Anomalien, die einen vorher festgelegten Schwellenwert in einer bestimmten Region des äquatorialen Pazifiks überschreiten. Die am häufigsten verwendete Region ist die Niño-3.4-Region, und der am häufigsten verwendete Schwellenwert ist eine positive SST-Abweichung vom Normalwert von mindestens +0,5 °C. Da diese Region die westliche Hälfte der äquatorialen Kaltluftzunge umfasst, bietet sie einen guten Maßstab für wichtige Veränderungen der SST und der SST-Gradienten, die zu Veränderungen im Muster der tiefen tropischen Konvektion und der atmosphärischen Zirkulation führen. Das Kriterium, das häufig zur Klassifizierung von El-Niño-Episoden herangezogen wird, besteht darin, dass fünf aufeinanderfolgende dreimonatige mittlere SST-Anomalien den Schwellenwert überschreiten (Oceanic Niño Index, ONI).

Studien haben gezeigt, dass eine notwendige Bedingung für die Entwicklung und das Fortbestehen von hochreichender Konvektion (verstärkte Bewölkung und Niederschläge) in den Tropen darin besteht, dass die lokale SST 28°C oder mehr beträgt. Sobald sich das Muster der tiefen Konvektion aufgrund anomaler SSTs verändert hat, passt sich die tropische und subtropische atmosphärische Zirkulation an das neue Muster der tropischen Erwärmung an, was zu anomalen Niederschlags- und Temperaturmustern führt, die weit über die Region des äquatorialen Pazifiks hinausreichen.

Aktuelle globale SST-Anomalien

Aktuelle globale SST-Anomalien

Die Grafik wird auf der NOAA-Seite täglich aktualisiert

Quelle: NOAA
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