Das ENSO-Phänomen

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ENSO-Lexikon

Dendroklimatologie

Aus der Dendrochronologie entwickelte Methodik, wonach sich aus dem jahreszeitlich gebundenen Wachstumsverhalten bestimmter Bäume der dabei wirksame Klimaeinfluss rekonstruieren lässt. Das jährliche Baumwachstum ist besonders in der Kampfzone, nahe der polaren Baumgrenze oder der vertikalen Baumgrenze im Gebirge, von der Temperatur der Sommermonate mitbeeinflusst. Niederschlagssensitiv werden Baumringe in Trockengebieten, wo das Baumwachstum durch den Niederschlag und die Bodenfeuchte begrenzt wird.

Ursprünglich wurden dazu die für jedes Jahr typischen und optisch bestimmbaren Ringbreiten (ring width, RW) verwendet. In neuerer Zeit wird darüber hinaus zwischen der Früh- und Spätholzbreite des jeweiligen Jahres sowie den radiodensitometrisch (mittels Röntgenstrahlung) ermittelten Holzdichten unterschieden, wobei in der frühen Phase der Vegetationsperiode (Frühjahr bis Frühsommer) das weniger dichte Frühholz und in der späteren Phase (Spätsommer bis Herbst) das dichtere Spätholz gebildet wird (maximum latewood density, MXD, als vergleichbare Eigenschaft).

Temperatursensitiver Baumringkalender für die Alpen, bis ins 8. Jh. zurückreichend

dendrochronologie_alpen

Durch die Sammlung und wechselseitige zeitliche Einreihung vieler einzelner, auch längst abgestorbener Holzstücke lässt sich ein immer länger zurückreichender Klimakalender einer bestimmten Region erstellen. Aus einigen Gegenden sind Dendroklimatologien von mehreren tausend Jahren erarbeitet worden.

Abbildung links: Aus Jahrringen rekonstruierte Sommer-Frühherbst-Temperatur (Juni bis September) in den Alpen 755–1850 (schwarz) und entsprechende hochalpine HISTALP-Messdaten 1851–2006 (rot). Dargestellt sind jährliche Abweichungen vom Mittel der Jahre 1901–2000 (dünne Linien) und deren geglättete Trends (dicke Linien). Quelle: ZAMG

Die größte Schwierigkeit in der Dendroklimatologie besteht in der Filterung des gewünschten Klimasignals. Andere Einflüsse wie die Bodenbeschaffenheit, Nährstoffversorgung, Abschattung durch schneller wachsende Bäume, lang andauernde Schneedecke oder Windbruch überlagern das rein temperatur- oder niederschlagsabhängige Wachstum. Außerdem wachsen Bäume in den ersten Jahren schneller als später. Daher wird versucht, sich auf Zonen zu konzentrieren, in denen entweder die Temperatur oder der Niederschlag das begrenzende Klimaelement und somit der dominante Klimafaktor ist.

Erst nach der Durchführung statistischer Methoden, wie der Herstellung einer soliden Beziehung zwischen Wachstum und Temperatur oder Niederschlag für jenen Zeitraum, in dem sich die Baumringdaten mit Klimamessdaten überschneiden (Kalibration), oder der Anpassung an das Alter der Wachstumsschicht (cambial age) liefern Baumringe verwertbare Hinweise auf vergangene Klimazustände. Besonders Merkmale der mittelfristigen Klimaentwicklung von Jahrzehnten und Jahrhunderten werden gut erfasst. Allerdings macht das Klimasignal selbst im Idealfall nur rund 60 % der in den Bäumen gemessenen Variationen aus. Außerdem sind die Ergebnisse jahreszeitlich hauptsächlich auf die Wachstumsperiode bezogen. Die Vorteile der jährlichen Auflösung und der absoluten Datierbarkeit machen die Dendroklimatologie jedoch zu einer der wichtigen Informationsquellen für das Klima der vorinstrumentellen Zeit.

Die Jahrringe der Bäume sind darüber hinaus auch Träger bestimmter Isotope bzw. radioaktiver Elemente, woraus sich ebenfalls Klimainformationen (auch Informationen z.B. über die solare Aktivität) herleiten lassen. Die maximale Reichweite dendroklimatologischer Rekonstruktionen liegt derzeit bei rund 10.000 Jahren und umfasst somit das gesamte Holozän.

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